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Heute mehr denn je: Wenn nicht jetzt, Wann dann? Wenn nicht wir, Wer Dann?

Das Universum, die Geschichte und wir


Um die gegenwärtige Zeit richtig verstehen zu können, müssen wir die Geschichte richtig verstehen - und um zu wissen, was zu tun ist, müssen wir uns selbst verstehen; uns selbst zu sehen, bedeutet wiederum uns des Universums und der Geschichte ganz bewusst zu werden. Nur so wird es uns möglich sein, die gegenwärtige Situation richtig einzuschätzen und zu erkennen, wie historisch bedeutsam die Momente sind, in denen wir leben. Zugleich müssen wir dieses Prinzip zu unserem Kompass machen, um die Rolle der Jugend und der jungen Frauen in diesem Prozess zu verstehen. Das ist auch der Grund dafür, dass große PhilosophInnen, Propheten und RevolutionärInnen, von Konfuzius über Zarathustra bis hin zu PKK-Gründer Abdullah Öcalan, auf diese Methode bestanden haben, um die Realität, in der wir uns wiederfinden, umfassend verstehen zu können. In diesem Sinne wird uns eine richtige Sichtweise auf das, was in den letzten Monaten in der Welt passiert ist, auch helfen, die Situation zu erklären, in der wir uns in unseren Ländern, in unseren Gemeinschaften und in unserem eigenen Leben wiederfinden.


Ein dunkles und düsteres Szenario


Der Dritte Weltkrieg wütet dieser Tage über die ganze Erde; ein Krieg, der dem Widerspruch zwischen zwei ideologisch gegensätzlichen Erzählungen von der Moderne Ausdruck verleiht: derjenigen des Feindes, die wir kapitalistische Moderne nennen - und der unseren, derjenigen des Volkes, die wir demokratische Moderne nennen. Seit den Anfängen der Zivilisation und des Staatswesens (vor etwa 7000 Jahren in Mesopotamien) stehen diese beiden Erzählungen im Widerstreit miteinander. Nach tausenden Jahren des friedlichen Zusammenlebens und friedsamer Koexistenz in der Gesellschaft, haben sich um 5000 n. Chr. allmählich die ersten Züge der kapitalistischen Moderne entwickelt. Diese dialektische Realität ist, worin jedes Imperium, jede Regierung und jedes Individuum verstanden werden muss. Die Kriegspolitik, die Auslöschung gesellschaftlicher Beziehungen, die Zerschlagung des kulturellen Widerstandes - all das muss als ein Angriff der kapitalistischen Moderne auf die Gesellschaft analysiert werden, und dieser Angriff hat tiefe Wurzeln in der Geschichte.


Die Kriegspolitik des Systems: Verschleierung und Manipulation


Deshalb gilt auch – wollen wir die gegenwärtige Situation und ihre Veränderungen richtig begreifen, sollten wir uns nicht von den Medien des Systems oder deren Propagandawerkzeugen täuschen lassen. Denn tatsächlich ist das Bild, das diese versuchen zu zeichnen, eines, in dem der Krieg, den sie führen, allein zwischen Staaten stattfindet - sei es zwischen der NATO und Russland in der Ukraine, oder zwischen Israel und der Hamas in Palästina. Oder sei es, ganz aktuell beispielsweise, dass Trump einen Wirtschaftskrieg gegen den Rest der Welt mit Steuern und Zöllen auf Importwaren beginnen werde, um zu zeigen, dass die USA die globale Infrastruktur des Warenaustauschs, die die Grundlage des Finanzkapitalismus ist, nicht braucht. Oder wiederum, dass der Aufstieg des Faschismus nur durch vereinzelte Individuen oder Organisationen wie Milei in Argentinien oder die AfD in Deutschland geschieht. Aber so ist es nicht: All diese Ereignisse sind keine echten Konfrontationen einzelner gegnerischer Kräfte, sondern nur kleine Mechanismen und Anpassungen, die sich im System der kapitalistischen Moderne inhärent vollziehen, sodass es überleben und die eigene Hegemonie auf die effizienteste Weise fortsetzen kann. Natürlich ist es möglich, dass Trump oder Milei, deren Stil und Politik, brutaler und offener in ihrer Art der Herrschaft sind. Es ist auch wahr, dass die Normalisierung ihrer unterdrückerischen Politik ernsthafte und schadhafte langfristige Auswirkungen auf die Gesellschaft haben kann - aber ihre Substanz unterscheidet sich letztendlich nicht von anderen, „progressiveren“ staatlichen Akteuren. Die Substanz dieses Krieges, der wahre Widerspruch, ist derjenige, der auf gesellschaftlicher Ebene ausagiert wird, zwischen dem Kapitalismus (und seinen ausführenden Kräften, egal welcher Partei) und der Gesellschaft als Ganzer. Die Auswirkungen dessen auf die Jugend, die Frauen und das Volk sind deutlich sichtbar.


Der Liberalismus und seine Angriffe auf die jugend


Dieser Krieg, der gegen die Gesellschaft geführt wird, wird auch auf ideologischer Ebene geführt. Die Waffe der kapitalistischen Moderne ist dabei der Liberalismus. Was aber ist der Liberalismus? Eine Ideologie, die die Fähigkeit der Gesellschaft zur Selbstorganisation und Selbstverantwortung zerstören will, um eine Politik der Unterdrückung, Gewalt und Ausbeutung zu erzwingen, sodass die Gesellschaft letztendlich ohnmächtig gegenüber den Angriffen des Kapitalismus bleibt. Was versucht der Liberalismus zu erreichen? Zuvorderst zerstört er die Kultur und Geschichte der Gesellschaft und erzeugt so eine homogene, repetitive und entwurzelte Gesellschaft. Dies zeigt sich an der Art und Weise, in der das System die Identität der jungen Frauen und Männer und die Beziehungen, in die sie gezwungen werden, manipuliert; Beziehungen, die von patriarchalen Vorstellungen durchtränkt sind. Aufgrund der sozialen Zuschreibungen, die Frauen treffen, zielt das System darauf ab, ihr natürliches Streben nach Freiheit zu vereiteln, indem es sie zu liberaleren Formen des Aktivismus drängt.


Zugleich befinden sich junge Männer aufgrund der unterdrückenden Identität und Form, in die sie sozialisiert werden, in einer Identitätskrise und wollen einen Ausweg finden und neue Ideen von Männlichkeit erkunden. Das System manipuliert und lenkt ihre Suche jedoch auf reaktionäre Modelle und Ideen wie solche von Andrew Tate oder Elon Musk, die digitale Medien als ihre Waffe instrumentalisieren. Diese Tendenzen zeigen sich auch in den Statistiken der letzten Wahlbeteiligung, z. B. in Deutschland, wo junge Frauen die liberaleren linken Parteien bevorzugen, während ein großer Teil der Stimmen für rechtsextreme Parteien von jungen Männern stammt.


Unser licht in der dunkelheit


In der Dunkelheit, die die kapitalistische Moderne durch Gewalt, Kriege und Unterdrückung aufzuerlegen versucht, sind wir am 27. Februar Zeug*innen einer Möglichkeit geworden, unseren Weg zur Freiheit wieder zu erhellen. Aus dem Imrali-Gefängnis, in dem Abdullah Öcalan seit 26 Jahren gefangen gehalten und gefoltert wird, hat uns alle ein historischer Aufruf und eine historische Chance erreicht. Wir wollen eines deutlich hervorheben: Es handelt sich nicht um eine Entwicklung, die nur Kurdistan oder die Türkei betrifft. Dem Aufruf liegt der Wille zugrunde, die Art und Weise, wie sich die PKK bisher organisiert hat, zu verändern und eine neue Initiative für den Frieden mit dem türkischen Staat voranzutreiben. Aber das ist nicht allein, worum es geht und wir müssen diesen Vorstoß in einer weit umfassenderen Perspektive verstehen. Was Rêber Apo - Abdullah Öcalan, versucht, ist der radikale Vorstoß, ein Modell voranzutreiben, das als viable Alternative für den Mittleren Osten und die ganze Welt funktionieren könnte. Heute versuchen die verschiedenen Kräfte der kapitalistischen Moderne im Mittleren Osten der Gesellschaft selbstzweckhaft ihre eigenen Alternativen aufzuzwingen. Sei es das Projekt der Iran-Hizbollah, das Projekt Israel-NATO oder die Muslimbruderschaft-Türkei.

Sie bekämpfen sich gegenseitig, sie beleidigen sich gegenseitig auf das Schlimmste, aber sie dienen demselben System gesellschaftlicher Hegemonie. Gegen all diese Kräfte steht das Projekt der demokratischen Moderne und ihr Modell des demokratischen Konföderalismus als einzige wirkliche und radikale Alternative.

Das ist es, was Rêber Apo als revolutionäre Figur in dem Prozess, den er eingeleitet hat, umsetzen will. In diesem Sinne sind auch die Versuche der DrusInnen und AlawitInnen in Syrien, sich in diese Weise selbstverwalteter Organisierung zu bewegen, wirklich bedeutsam; und sie werden zusammen mit den Kurden und dem übrigen syrischen Volk die mögliche Zukunft eines demokratischen Syriens bestimmen.


Der kampf für den sozialismus


Die Idee des Sozialismus ist der Kern des Aufrufs und des Transformationsprozesses, den Rêber Apo eingeleitet hat. Sozialismus bedeutet Gesellschaft-Sein; Sozialismus bedeutet die Organisation der Gesellschaft, die Arbeit und der Weg der Gesellschaft. Der Einfluss des Realsozialismus, der sich auf alle revolutionären Bewegungen des 20. Jahrhunderts inklusive der PKK ausgewirkt hat, hatte letztlich einen Sozialismus zur Folge, der sich darin auflöste, die kapitalistische und feindselige Moderne zu tragen und sie sogar zu intensivieren. Dem entgegen versucht Rêber Apo nun, die Organisation der Gemeinschaft und der Gesellschaft wieder in eine Linie mit ihren natürlichen und ursprünglichen Seinsweisen zu setzen und diese zur Grundlage des Widerstandes zu machen. In dieser Weise bezieht er sich auf das wahre Wesen des Sozialismus - die Selbstorganisation der Menschheit zur Sicherung ihrer eigenen Existenz. So verstanden, wird die Organisation (als Prädikat, als Praxis) für die Gesellschaft so wichtig wie Brot, Wasser und Selbstverteidigung.


Organisiert euch überall!


Einige Wochen später, während eines Marsches der Jugend in Nordkurdistan, wurde erneut eine Botschaft von Abdullah Öcalan öffentlich. Für diese Botschaft ist Organisierung ein grundlegender Gegenstand. Als Internationalistische Jugend denken wir, dass die Frage der Organisierung entscheidend ist: Sie ist der Motor für die Transformation und Realisierung einer stabileren und langfristigen Jugendbewegung. Eine Bewegung, die in der Lage ist, das Moment des Aktivismus und des Widerstandes in eine dauerhafte Situation der demokratischen Selbstverwaltung und Selbstregierung zu katalysieren. Wenn wir unser gesamtes Umfeld organisieren, angefangen in unseren Schulen, Universitäten, Familien, FreundInnenkreisen, Arbeitsplätzen…, werden wir einen so hoffnungsvollen Erfolgsausblick haben!


Der kampf geht weiter


Natürlich hatte der Aufruf in seinen Konsequenzen rasch sichtbare Auswirkungen auf die gesamte Region – begonnen mit Kurdistan und der Türkei. Einerseits gibt es in Rojava nun Versuche, den Aufbau im Aufbauprozess des neuen Syriens zu implementieren und sich in diesem Sinne als Selbstverwaltung in einer beständigen Rolle darin zu etablieren.

Weiterhin ist der Kampf des syrischen Volkes und der SDF mit dem über 100 Tage erfolgreichen Widerstand gegen die dschihadistischen Banden am Tishrin-Staudamm der deutlichste Beweis dafür, dass die Organisation der Gesellschaft zu einem Schlüsselfaktor auch gegen die hegemonialen Kräfte werden kann, die versuchen, den mittleren Osten zu bestimmen. Darüber hinaus hat in der Türkei in Folge des Aufrufes eine neue Protest- und Mobilisierungwelle gegen die AKP-Regierung Höhepunkte erreicht, wie es sie seit Jahrzehnten in diesem Land nicht mehr gegeben hat. Mit den Protesten gegen die illegale Verhaftung von Ekrem İmamoğlu, die von Universitätsstudierenden und jungen Menschen angeführt werden, zieht heute ein neuer Hauch des Widerstandes gegen antidemokratische Politik und Unterdrückung durch das Land.

Aber nicht nur im Mittleren Osten wächst der Widerstand. In Serbien fordert eine große Volksbewegung die undemokratische Politik der Regierung heraus, gleichzeitig führt die Jugend einen Kampf für die erfolgreiche Selbstorganisation ihres Volkes in Belutschistan. Oder in Lateinamerika, wo die zapatistische Jugend einen kulturellen Widerstand anführt und internationale Kunst- und Kulturveranstaltungen organisiert.


Organisiert euch, folgt dem geöffneten weg, macht die revolution siegreich!


Bildung, Organisation und Aktion sind die Werkzeuge des Kampfes, den wir heute auf radikalere und selbstkritischere Weise führen müssen. Demokratische Politik, die Idee der Selbstorganisation und Bildung sind zweifellos das Stärkste, das wir dem Liberalismus und der kapitalistische Moderne in unserem Kampf entgegenhalten können; Das erkennen wir, wenn wir die Notwendigkeit unseres Widerstandes neu denken. Bildung als Grundlage für den Kampf gegen die patriarchalen, unterdrückerischen, zerstörerischen Mentalitäten der kapitalistischen Moderne wird ein entscheidender Faktor in unseren Organisationen sein.


Abschließend möchten wir sagen, dass der Weg vor uns geebnet ist, es liegt nun an uns, ob wir ihn gehen wollen. Wenn wir in der Lage sind, die richtigen Schritte in Richtung Demokratie und Freiheit zu machen, dann werden wir in der Lage sein, bessere Tage für die gesamte Menschheit zu erreichen. Der Kapitalismus treibt uns auf den Weg der Auslöschung und des Elends, ob wir es wollen oder nicht. Den Weg in die Freiheit zu wählen, ist die Frage, die vor uns liegt - viele gehen ihn bereits. Heute erinnern wir uns mehr denn je an die Jugend während der 68er Revolution und ihre Worte: „Wenn nicht jetzt, wann dann? Wenn nicht wir, wer sonst?“

 
 
 

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